Ägäis-Küste und Ephesus
Lockere Feldwegpassagen führen uns zur ersten Festland-Spitze Babakale mit Leuchtturm, der Insel Lesbos gegenüber. Markant zieht sich hinter dem Hafen entlang der Stromleitungen der kurvige schmale Klippenweg hinauf in die Felsen, leider ein wenig heftig für neue Mietmotorräder mit der Standardbereifung ohne Stollen, daher ist besser Umkehren angesagt und besser das Ida-Gebirge mit dem Zeus-Altar ins Visier zu nehmen.
Wer dort einen Besuch einplant, dem sei eine Übernachtung in Adatepe empfohlen, einem Bilderbuchdorf mit einigen wirklich kleinen Boutique-Hotels wie z.B. dem Hünnap Han. Das osmanische Herrenhaus hat schon 200 Jahre Geschichte hinter sich und ist in liebevoller Restaurierung detailgetreu wieder hergerichtet worden. Es bietet modernisierten Komfort und eine gekonnte, vollwertige Küche zum Abend, die nicht durch stark gewürzte Speisen, dafür durch den milden Eigengeschmack der Zutaten für sich einzunehmen wusste.
Hinunter nach Kusadasi ist es ein langer Tagesweg. Das wussten wir, doch wollten wir es uns nicht nehmen lassen, uns bald von der breiten Küstenstraße zu verabschieden und einmal quer über den Bergrücken nach Pergamon zu kommen. Zahlreiche schnell gefahrene kurvige Bergsträßchen führen uns in ordentliche Höhen. Durch die Tannenwälder herrscht hier oben gemäßigtes Klima und tief atmen wir beste Bergluft ein. Immer wieder säumen die Dörfchen mit ihren Bauernhäuschen unseren Weg und zwischendrin verliert sich der Durchgangsweg auf dem Dorfplatz an den Tischen. Grund genug für uns, zwischen den Alten sitzend gemeinsam Tee zu trinken.
Bald hatten wir die Wahl zwischen Ephesus oder dem Haus der Jungfrau Maria. Nur eines von beiden hatten wir im Visier, damit wir die Tagesetappe nach Pamukkale auch schaffen. Faszinierend ist allerdings beides und wer lieber beiden einmaligen Stätten die geziemende Aufmerksamkeit widmen möchte, der sollte lieber auf den Mittagslunch im Degirmen verzichten.
Das wollen wir aber ausgerechnet am 1. Mai auf keinen Fall, das hieße auf den gegrillten Lamm-Spieß Sis-Kebap zu verzichten. Und so ordern wir vorneweg die Vorspeisenpalette des Degirmen, zum Spieß den Salat, hinterher Baklava und zum Abschluss türkischen Kaffee. Ruckzuck ist die Zeit soweit fortgeschritten, dass wir unsere Routenpläne den verbleibenden Fahrstunden des Tages anpassen und auf die Landstraße fahren mussten. Mit diesem Zeitdruck im Genick wundert es mich dann im Nachhinein auch nicht, dass wir einfach das Zivilauto zwischen den Büschen übersehen und statt üblicher 90km/h mit 120 km/h unterwegs sind und ordentliche Video-Aufnahmen für die Polizei ablieferten. Da mit der genauso wenig zu spaßen ist wie sonst auch überall, stellt sich schnell eine beklemmende Atmosphäre ein. Der Besuch im Gartenrestaurant kostet uns die Vervollständigung der Geländeetappe hinüber nach Pamukkale und am Ende auch noch ein Speedticket auf 4 spurigen Landstraße, weil wir ja Kilometer machen wollten. Schwierig ist am Ende des Tages für uns die Antwort zu finden, auf was wir am ehesten hätten verzichtet sollen.